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Statements zum Niedersächsischen Rohstofftag der UVN: Rohstoffe in der Bauwirtschaft – wo geht die Reise hin?

3. November 2021

Die niedersächsische Rohstoffindustrie und von ihr abhängige Wirtschaftsbereiche stehen vor riesigen Herausforderungen. Deshalb reaktivieren die UVN nach 10 Jahren den Niedersächsischen Rohstofftag. Am heutigen Mittwoch (3.11.2021, 9:30 Uhr, hybrid) diskutieren wir mit Unternehmen, Verbänden und der Politik, wie Niedersachsen ganz konkret seine Rohstoffversorgung sichern kann und welche politischen Rahmenbedingungen es dazu bedarf.

Hannover. Rohstoffe stehen am Beginn jeder industriellen Wertschöpfungskette. Ob Häuser, Straßen, Fortbewegungsmittel, Unterhaltungsmedien – nichts davon gäbe es ohne sie. Unsere Rohstoffsituation verschärft sich jedoch zusehends. Handlungsbedarf besteht in allen Bereichen. Dazu gehören die Verfügbarkeit bestehender Rohstoffe wie Gips, Sand, Kies, Holz etc., ihr Abbau vor Ort, Entwicklungen im Im- und Export, die wachsende Bürokratie, eine besorgniserregende Kostenentwicklung aber auch die Nachhaltigkeit des Rohstoffeinsatzes und neue innovative Baustoffe.

Niedersächsische Industriebetriebe investierten im Jahr 2020 mehr als 6,1 Milliarden Euro in Bauten, Grundstücke, Maschinen und Geschäftsausstattung (LSN, Nr. 118/21). Damit diese Rechnung aufgeht und unsere Unternehmen ihre Zukunft weiterhin in Niedersachsen sehen, müssen sie langfristig und verlässlich planen können. Was Niedersachsen deshalb braucht, ist eine ganzheitliche und nachhaltige Rohstoffpolitik zur Sicherung der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit seiner Wirtschaft.

Hinweise:

  • Die Einladung inkl. Programm finden Sie im Download links.
  • Pressefotos (Quelle: UVN / Marcus Prell) der Veranstaltung finden Sie hier am Ende der Statement in einer Galerie. Sie können honorarfrei zur Berichterstattung heruntergeladen bzw. angefragt werden bei ch@uvn.digital

Statements der Referentinnen und Referenten (Vortragsreihenfolge):

Dr. Bernd Althusmann, Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung und stellvertretender Ministerpräsident:
„Nach wie vor wird in Niedersachsen ein erheblicher Teil der hier benötigten Rohstoffe gefördert: vor allem Kiese und Sande für Baumaterialien, Tone für keramische Produkte sowie Kalk- und Mergelsteine für die Zementherstellung. Diese Rohstoffe sind unverzichtbar für die Verkehrsinfrastruktur, den Gebäudebestand, die Industrieanlagen und eine Vielzahl an Alltagsprodukten. Jetzt gilt es, dass Politik und Rohstoffwirtschaft im Interesse des Gemeinwohles tragfähige Lösungen finden, die sowohl die Interessen der Ökonomie als auch die der Ökologie berücksichtigen.“

Dr. Volker Müller, Hauptgeschäftsführer, Unternehmerverbände Niedersachsen e.V.:
„Dank der Lockerungen in der Niedersächsischen CoronaVO befindet sich die niedersächsische Industrie im Aufschwung. Dies gilt jedoch nicht für die Wirtschaftsbereiche, die von den Auswirkungen der Rohstoffknappheit und -verteuerung betroffen sind. Hier besteht an unterschiedlichsten Stellschrauben dringender Verbesserungsbedarf. Maßgeblichen Einfluss darauf hat die Politik durch veränderte Rahmenbedingungen. Deshalb laden wir zur Diskussion am Niedersächsischen Rohstofftag und fordern eine ganzheitliche und nachhaltige Rohstoffpolitik in Niedersachsen zur Sicherung unserer Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit.“

Thomas Bremer, Geschäftsführer, VG-ORTH GmbH & Co. KG:
„Ohne Gips kein Haus, ohne Gips kein Windkraftwerk.“

Nico Steudel, Geschäftsführer, Rhein-Umschlag GmbH & Co. KG:
„Mineralische Rohstoffe werden auch zukünftig ge- und verbraucht. Ihre bedarfsnahe Verfügbarkeit ist aktiver Klimaschutz und muss schon heute gesichert werden.“

Stephan von Friedrichs, Geschäftsführer, Verband Beton- und Fertigteilindustrie Nord e.V.:
„Wenn wir wollen, dass auch die Rohstoffwende gelingt, dann muss die öffentliche Hand bei der Vergabe von Aufträgen zukünftig Nachhaltigkeitskriterien stärker berücksichtigen. Sollten Beschaffungsstellen in Einzelfällen begründen müssen, warum bei Bauvorhaben Primärrohstoffe bevorzugt werden, wird dies eine Lenkungswirkung entfalten.“

Cornelia Höltkemeier, Geschäftsführerin, Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen e.V.:
„Bei der Akzeptanz von Recycling-Baustoffen ist noch Luft nach oben. Um sie zu erhöhen, muss der Bundesgesetzgeber dringend die bisher versäumte gesetzliche Klarstellung nachholen, dass güteüberwachte RC-Baustoffe auch rechtlich nicht mehr als Abfall zu behandeln sind. Nicht zu unterschätzen ist zudem die Vorreiterrolle der öffentlichen Auftraggeber beim Einsatz von RC-Baustoffen.“

Axel Ebeler, stellv. Vorsitzender, Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Niedersachsen e.V.:
„Ich appelliere an die Politik, den Süd Niedersächsischen Raum/Harz zur deutschen Gips – Recycling Region mit einem naturnahen Tourismus zu entwickeln.“

Joachim Reinkens, Ministerialrat, Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz:
„Die Verwendung von mineralischen Abfällen aus Hochbauten im Straßen- und Wegebau ist zwar eine sonstige Verwertung im Sinne des Kreislaufwirtschaftsrechts, aber kein echtes Recycling. (…)
Bund, Länder und Kommunen haben die gesetzlichen Möglichkeiten, den Einsatz von Recyclingbaustoffen bei der Ausschreibung von öffentlichen Baumaßnahmen zu fördern.”

Christian Meyer, stellv. Fraktionsvorsitzender, Bündnis 90/Die Grünen im Niedersächsischen Landtag:
„Für das Erreichen der Klima- und Umweltziele brauchen wir nachhaltig abgebaute Rohstoffe, mehr Recycling, eine hochwertige Renaturierung und mehr Miteinander von Wirtschaft und Umweltverbänden. Dazu ist frühzeitiger Dialog, Forschung, Offenheit, die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und Entbürokratisierung wichtig.“

Jörg Bode, stellv. Fraktionsvorsitzender / Sprecher für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und Digitalisierung, FDP-Fraktion im Niedersächsischen Landtag:
„Die sichere Verfügbarkeit von Rohstoffen ist Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg und gesellschaftlichen Wohlstand. Das Land muss über eine gute Vorsorge, beispielsweise durch die Raumordnung und handhabbare Gesetzgebung, seinen Beitrag hierfür leisten.“

Martin Bäumer, stellv. Fraktionsvorsitzender, CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag:
„Die Politik muss den gesetzlichen Rahmen für die Kreislaufwirtschaft für die Zukunft deutlich verbessern. Aber dann müssen wir das Recycling auch mehr als heute vom Ende her denken. Wie kann ich Baustoffe so konzipieren, dass sie am Ende der ersten Nutzungsperiode ohne großen Aufwand in Bezug auf den Energieaufwand oder die Umweltverträglichkeit in den Rohstoffkreislauf zurückgeschleust werden können?“

Carsten Mühlenmeier, Präsident, Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie:
„Die althergebrachte Sorglosigkeit im Umgang mit Baurohstoffen wie Sand oder Kies und Gips ist nicht mehr angebracht. Denn die oberflächennahen Rohstoffe werden knapp – obwohl sie vielfach gar nicht knapp sind. Es fehlt nicht an Lagerstätten, aber es fehlt zunehmend an gesellschaftlicher Akzeptanz für den Abbau. Die einfache Wahrheit ist allerdings: Wenn wir weiter bauen wollen, brauchen wir auch Baurohstoffe, und zwar solche aus unserer Region.“

Weitere Stimmen:

Guido Pott, Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag:
„In Zeiten, in denen dringend mehr bezahlbarer Wohnraum benötigt wird, steht die Bauwirtschaft hinsichtlich der Verfügbarkeit von Rohstoffen und Vorprodukten vor großen Herausforderungen. Gleichzeitig muss die Vereinbarkeit des Rohstoffabbaus und des Naturschutzes gewährleistet sein. Vor dem Hintergrund dieses Spannungsfeldes wird es, unabhängig von Corona-bedingten Lieferengpässen, darauf ankommen, die Recyclingfähigkeit von Baustoffen im Sinne der Kreislaufwirtschaft weiter voranzutreiben und dies auch mit den notwendigen politischen Weichenstellungen zu begleiten.“

Jörn P. Makko, Hauptgeschäftsführer, Bauindustrieverband Niedersachsen-Bremen e.V.:
„Unterbrochene Lieferketten, gestörte Produktionsabläufe und geschlossene Fabriken haben zu globalen Lieferengpässen und extremen Preissteigerungen geführt. Im Januar 2021 klagten fast 40 Prozent der Bauunternehmen über eine Behinderung der Bautätigkeiten aufgrund von Materialknappheit. Und auch nach unserer aktuellen Herbstumfrage stehen steigende Materialpreise bei über 86 Prozent unserer Mitglieder ganz oben auf der Liste der größten Sorgen. Die Lage ist ernst.“

Dr. Susanne Schmitt, Verbandsdirektorin, Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen e.V.:
„Für die Wohnungswirtschaft ist die Verfügbarkeit von Gips für modernen, klimafreundlichen Trocken- und Leichtbau sowie ein ressourceneffizientes, bezahlbares, brandsicheres und auch schnelles Bauen erforderlich. Eine Verknappung würde zu einer weiteren Steigerung der Baukosten führen.“

Pressefotos der Veranstaltung (UVN/Marcus Prell)

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