Presse

Reform des Emissionsrechtehandels ist Thema des Niedersachsenforums in Brüssel

3. März 2015

Wie wird sich die Reform des Emissionsrechtehandels auf die deutsche und europäische Wirtschaft und auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europa auswirken? Dieser Frage geht am (heutigen) Dienstag, 3. März 2015, in Brüssel das „Niedersachsenforum – Perspektiven des Emissionshandels ab 2021“ nach. Die hochkarätige Diskussionsveranstaltung wird gemeinsam von der Niedersächsischen Staatskanzlei, den UVN, dem Verband der Chemischen Industrie und der IG BCE veranstaltet.

Im Vorfeld des Forums gingen die Veranstalter auf einer Pressekonferenz in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Union vor die Öffentlichkeit. Dabei zeigte sich eine große Übereinstimmung in dem Bemühen, eine Standortsicherung niedersächsischer Unternehmen zu erreichen.

„Das von der EU-Kommission im vergangen Jahr vorgestellte Klimapaket weist grundsätzlich in die richtige Richtung. Es muss klar sein, dass sich niemand dem Klimawandel entziehen kann, es kann keiner so tun, als ginge ihn das alles nichts an“, sagte der Niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil im Vorfeld des Forums vor Journalisten in Brüssel. Gleichzeitig machte er klar, dass man nicht die Industrie als das wirtschaftliche Rückgrat des Landes aus dem Blick verlieren dürfe. „Es ist im elementaren Interesse Deutschlands und auch Niedersachsens, die ortsansässigen Industrien zu halten und zu stärken“, sagte Weil. Dem Emissionshandel fehle es in seiner heutigen Form an Flexibilität, um sich an schnelle wirtschaftliche Änderungen anzupassen.

Aus Sicht des Verbandes der Chemischen Industrie Landesverband Nord (VCI Nord) muss bei einer Reform des Emissionsrechtehandels vor allem die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrieunternehmen im Blick behalten werden. „Für eine Vielzahl unserer norddeutschen Chemieunternehmen sind die Kosten des Emissionshandels ein Baustein ihrer bereits viel zu hohen Energiekosten, die durch weitere Abgaben und staatliche Eingriffe steigen. Wird diese Kostenschraube jetzt ein weiteres Stück angezogen, verschärfen sich die im internationalen Vergleich schon heute nur noch schwer kompensierbaren Standortnachteile für unsere Unternehmen in bedrohlicher Weise“, betont Dr. Frank Schneider, Vorstand beim VCI Nord und Mitglied des Vorstands der Aurubis AG. Für die Chemieunternehmen sei die Optimierung ihrer Energiekosten im ureigenen Interesse. Im Zuge der Reform des Emissionsrechtehandels müsse deshalb jetzt ein an der aktuellen Produktion orientiertes dynamisches Zuteilungssystem eingeführt werden, so die Forderung der norddeutschen Chemieindustrie.

Aus Sicht der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) gebe es gute Gründe, den starren Deckel der Zertifikate, die auf den Markt gebracht werden, zu flexibilisieren, damit er auf Wirtschaftskrisen wie auf Wachstumsschübe reagieren könne, erläuterte Ralf Becker, Landesbezirksleiter Nord der IG BCE. „In den weiteren Verhandlungen muss es jetzt um eine wachstumsorientierte Ausgestaltung des Instruments und global wirkende Carbon-Leakage-Schutzmaßnahmen gehen“, so Becker.

Dr. Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen e.V. (UVN) erläutert: „Wir brauchen auch nach dem Jahr 2020 die Sicherheit, dass Arbeitsplätze und Produktionen nicht aufgrund von überzogenen CO2 Kosten ins Ausland abwandern. Die vom Europäischen Rat 2014 beschlossene Änderung des linearen Minderungsfaktors sowie die für 2018 geplante Marktstabilitätsreserve zielen auf eine Steigerung der Zertifikatspreise auf das Fünffache gegenüber heute ab! Dies dient ausschließlich einer Erhöhung der Einnahmen und nicht dem Klimaschutz. Unsere Unternehmen dürfen nicht dafür bestraft werden, dass sie bereits in der Vergangenheit umfangreiche Klimaschutzmaßnahmen ergriffen haben. Die Industrie braucht faire Rahmenbedingungen und endlich Planungssicherheit!“

Am „Niedersachsenforum – Perspektiven des Emissionshandels nach 2021“ nehmen neben den Veranstaltern als Referenten zudem teil:

–       Matthias Groote, Europaabgeordneter und umweltpolitischer Sprecher der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, sowie

–       Dr. Artur Runge-Metzger, Direktor für Klimastrategie und Internationales bei der Europäischen Kommission

 

Hintergrund: Die Europäische Union hat sich mit der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls dazu verpflichtet, einen Beitrag zum weltweiten Klimaschutz zu leisten. Hierzu hat sie als erste Gemeinschaft ein marktwirtschaftliches Instrument zur Begrenzung der CO2-Emissionen eingesetzt. Ziel der Reform des Emissionshandels ist es, ihn langfristig zu stabilisieren und zu stärken. Die Debatte über eine Anpassung des Emissionshandels ab 2021 hat dabei drei wesentliche Facetten: Er muss das ökologische Ziel der CO2-Minderung zu ökonomisch vertretbaren Kosten sozialverträglich und ohne Arbeitsplatzverlust in Europa erreichen (Stichwort „carbon leakage“).

< Zurück zur Übersicht