Presse

Glasfaserland Niedersachsen: Gemeinsamer Appell zur Fortsetzung der Landesförderung des Breitbandausbaus

29. September 2023

Hier finden Sie den Appell inklusive aller Partner und Anhänge zum Download

Dr. Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen e.V. (UVN): „Niedersachsen als Flächenland braucht unbedingt den Glasfaserausbau bis hin zur sprichwörtlichen letzten Milchkanne. Fehlende digitale Infrastruktur bremst die Wirtschaft aus. Die Unternehmen, die das Gros der Steuereinnahmen erwirtschaften, müssen überall Zugang zu Glasfaser haben. Diese Infrastruktur ist Teil der Daseinsvorsorge. Abgehängte Regionen können wir uns nicht leisten.“

Für die Fortsetzung der Breitbandförderung in Niedersachsen setzt sich das Bündnis „Glasfaserland Niedersachen“ ein. Bund, Land und Kommunen haben in den vergangenen Jahren gemeinsam die flächendeckende Versorgung der Ortschaften mit schnellem Internet vorangetrieben. Der angekündigte Förderstopp des Landes ab 2024 entzieht dieser bewährten Zusammenarbeit die Grundlage. Bei der Erschließung der Gebiete, in denen eigenwirtschaftliche Investitionen durch Telekommunikationsunternehmen nicht zu erwarten sind, trägt das Land bislang die Hälfte der verbleibenden Kosten, um die 50-prozentige Bundesförderung nutzen zu können. Fehlt dieser Anteil, können die Kommunen alleine die notwendigen Mittel nicht aufbringen. Das gefährdet den weiteren Ausbau als Ganzes, erreichte Erfolge werden aufs Spiel gesetzt.
Der Präsident des Niedersächsischen Landkreistages (NLT), Landrat Sven Ambrosy, erklärt: „Die jetzt noch schlecht erschlossenen Räume werden nur mit öffentlicher Förderung erreicht werden. Die Bundesmittel von über einer Milliarde Euro dürfen nicht in andere Bundesländer abfließen, die alle das Geld des Bundes nutzen. Das Land Niedersachsen muss sich zu seiner Verantwortung bekennen und die Förderung des Glasfaserausbaus weiterführen. Die digitale Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raums darf nicht aufgrund falscher Prioritätensetzung gefährdet werden.“
Monika Scherf, Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen (IHKN), führt aus: „Die Anbindung mit Glasfaser ist für die Wirtschaft in Niedersachsen von entscheidender Bedeutung. Unsere digitale Infrastruktur ist ein Wettbewerbsfaktor, der für Ansiedlung, Arbeitsplätze und Standortattraktivität sorgt. Als Flächenland können wir es uns nicht leisten, unser Engagement auf halber Strecke zurückzufahren.“
Der Landesvorsitzende der Niedersächsischen Landjugend (NLJ), Hendrik Grafelmann, ergänzt: „Der Zugang zu schnellem Internet ist für uns unabdingbar. Ohne flächendeckenden Glasfaserausbau fehlt uns der Anschluss an Bildung, Ausbildung, Studium und sozialer Interaktion. Wer hier spart, macht das auf dem Rücken der jungen Menschen, insbesondere in den ländlichen Räumen.“
„Glasfaserland Niedersachsen“ ist ein Bündnis von Institutionen und Verbänden. Zum Bündnis gehören bislang:
  • LandesSportBund Niedersachsen
  • Niedersächsische Landjugend
  • Landvolk Niedersachsen – Landesbauernverband
  • Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen
  • IHK Niedersachsen (IHKN)
  • Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN)
  • Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen
  • Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund
  • Niedersächsischer Städtetag
  • Niedersächsischer Landkreistag

 

Der Appell

Bisher haben in Niedersachsen Bund, Land und Kommunen gemeinsam den Breitbandausbau in den Gebieten finanziert, in denen ein eigenwirtschaftlicher Ausbau allein durch die Telekommunikationsunternehmen nicht erfolgversprechend war. Nach einem Mittelstopp des Bundes im Oktober letzten Jahres, gegen den sich der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundes- und Landesebene sowie die Länder erfolgreich gewandt hatten, setzt der Bund seine finanzielle Förderung in Höhe von i. d. Regel 50 Prozent nun fort. Bisher ist die zweite Hälfte der erforderlichen Finanzmittel zu 25 Prozent vom Land und zu 25 Prozent von den Kommunen aufgebracht worden.

Die Ankündigung des Landes vom 18. Juli 2023, sich künftig allein wegen angeblich fehlender Mittel komplett aus der Finanzierung zurückzuziehen, ist angesichts der gemeinsam erreichten Erfolge beim Breitbandausbau unverständlich und im Hinblick auf die vorherige gegen den Bund gerichtete Kritik am Förderstopp nicht nachvollziehbar. Die bisherigen Fortschritte bei einer im bundesweiten Vergleich recht guten Glasfaserquote und Position im Standortranking der Bundesländer drohen verspielt zu werden, wenn die Landesregierung die eigene Förderung jetzt in der Folge einer falschen Prioritätensetzung komplett herunterfährt.

Daher rufen die Unterzeichnenden gemeinsam dazu auf, die Landesförderung des Breitbandausbaus im Interesse der Menschen in den ländlichen Räumen und den stärker verdichteten Gebieten, der Unternehmen, der Landwirtschaft, der Sportvereine, gesellschaftlichen Institutionen und sozialen Einrichtungen in Stadt und Land fortzusetzen und erheben die folgenden Forderungen:

  1. Das Land muss seiner Verantwortung für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Niedersachsen gerecht werden.
  2. Die Förderung des Glasfaserausbaus durch das Land muss uneingeschränkt fortgesetzt werden.
  3. Die Bundesmittel für den Glasfaserausbau dürfen nicht verfallen oder ausschließlich anderen Ländern zugutekommen.
  4. Das Breitbandzentrum Niedersachsen-Bremen (BZNB) ist zu beauftragen, die Kommunen auch beim eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau zu beraten.

Zu den Forderungen im Einzelnen:

1. Das Land muss seiner Verantwortung für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Niedersachsen gerecht werden.

  • Glasfaseranschlüsse sind moderne Daseinsvorsorge und technisch alternativlos. Eine 5G-Mobilfunkanbindung und satellitengestützte Lösungen können einen FttB-Anschluss in dessen Leistungsfähigkeit nicht ersetzen.
  • Die flächendeckende Verfügbarkeit von hochleistungsfähigen Glasfaseranschlüssen für jeden Haushalt und jedes Unternehmen ist eine wesentliche Grundlage für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land – und damit für die im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ziele der Landesregierung.
  • Der eigenwirtschaftliche Ausbau wird aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht alle ländlichen Räume, Einzelsiedlungen und abgelegenen Landesteile versorgen können. Aufgabe aller staatlichen Ebenen ist es daher, auch außerhalb von Ballungszentren eine Grundinfrastruktur sicherzustellen.
  • Ein durchgängiger Glasfaserausbau in allen Regionen Niedersachsens ermöglicht die Zukunftsfähigkeit gesellschaftlicher und politischer Teilhabe, von Schule und Bildung, Sport, Gesundheitsversorgung, Mobilität und ehrenamtlichem Engagement in allen Teilen des Landes.
  • Die flächendeckende Verfügbarkeit von schnellem Internet ist einerseits elementar für unternehmerisches Handeln, ökonomische Innovation und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, gerade auch der Landwirtschaft, unabhängig vom Standort. Andererseits ist sie ein wichtiger Standortfaktor bei der Akquise dringend benötigter Fach- und Arbeitskräfte.
  • Glasfaseranbindungen sind wegen der Möglichkeiten des Homeoffice ein unverzichtbarer Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf – wer zieht heute in ein Neubaugebiet oder eine Bestandsimmobilie ohne Perspektive auf Glasfaser?
  • Bund, Land, Kommunen und Telekommunikationsunternehmen stehen gemeinsam in der Verantwortung, den Ausbau voranzutreiben. Ein einseitiger Rückzug des Landes aus der Finanzierung des Glasfaserausbaus gefährdet die bisherigen Erfolge und gefährdet Niedersachsens Entwicklung.

2. Die Förderung des Glasfaserausbaus durch das Land muss uneingeschränkt fortgesetzt werden.

  • Der Glasfaserausbau ist vor allem in ländlichen Räumen von anderen Herausforderungen geprägt als in Städten und Ballungsräumen: Im ländlichen Raum sind lange Distanzen sowie geologische und geografische Hürden zu überwinden. Aufgrund der geringeren Bevölkerungsdichte entstehen bei weniger potenziellen Kunden höhere Erschließungskosten pro Anschluss. Viele Stadt- und Ortsteile waren und sind deshalb nicht wirtschaftlich zu erschließen und mit Glasfaser zu versorgen. Nicht ohne Grund ist hier von „Grauen Flecken“ die Rede. In diesen Gebieten wird der eigenwirtschaftliche Ausbau ohne Zuschüsse und Fördermittel praktisch nicht gelingen.
  • Ohne die Kofinanzierung des Landes droht somit ein „Ausbau-Stopp“ im geförderten kommunalen Breitbandausbau. Insbesondere struktur- und finanzschwächere Kommunen werden ohne anteilige Landesfinanzierung Abstand von ihren bereits in Planung befindlichen Ausbauprojekten nehmen. Damit werden ungleiche Lebensverhältnisse gerade in schwächeren Regionen des Landes zementiert, wenn nicht gar ausgeweitet
  • Das Land Niedersachsen hat in den vergangenen Jahren viele Ressourcen in den geförderten Breitbandausbau gesteckt, ist dabei jedoch mit seiner 25 Prozent-Förderquote deutlich hinter den Anstrengungen seiner Nachbarländer Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt zurückgeblieben. Um die Benachteiligung insbesondere von Standorten in der Nähe der Landesgrenzen zu vermeiden, hat die Wirtschaft in der Vergangenheit sogar eine Anhebung auf einen 40-prozentigen Förderanteil des Landes gefordert.
  • Die Landesregierung hat die Vereinfachung von Genehmigungs- und Förderverfahren sowie die Optimierung der Graue-Flecken-Förderung im Koalitionsvertrag (S. 37) angekündigt und sollte diese nicht zuletzt auch aus Gründen der Verlässlichkeit von Staat und Politik fortsetzen. Eine Streichung von Fördermitteln ist der falsche Weg, denn so müssen viele aktuelle Ausbauprojekte gestoppt bzw. unterbrochen werden, und den Kommunen wird eine wesentliche Planungsgrundlage entzogen.
  • Die von der Landesregierung seit Verkündung des „Förder-Stopps“ immer wieder erwähnten Alternativen für den ländlichen Raum sind technisch nicht überzeugend. Zudem sind diese derzeit weder mit umsetzenden Akteuren, finanziellen Mitteln oder mit einem belastbaren Zeitplan hinterlegt.

3. Die Bundesmittel für den Glasfaserausbau dürfen nicht verfallen oder ausschließlich anderen Ländern zugutekommen.

  • Für die Kommunen ist angesichts der sich zuspitzenden Finanzlage eine Verdoppelung des kommunalen Eigenanteils zur Kompensation der nun plötzlich ausfallenden Landesmittel ausgeschlossen. Nur wenn die Kofinanzierung gelingt, können weiter Bundesmittel nach Niedersachsen fließen. Das System ist daher auf die Fortsetzung der Förderung des Landes angewiesen.
  • In allen anderen Bundesländern gelingt es den Landesregierungen, so zu fördern, dass die Bundesmittel abgerufen werden können: Während Niedersachsen die Mittel streicht, haben z.B. Baden-Württemberg, Hessen und das Saarland gerade die Landesförderung so erhöht, dass die Kommunen nur 10% (statt 25% bisher in Niedersachsen) der Investitionslücke tragen müssen.
  • Die Antragsfrist für die Bundesmittel in Höhe von über einer Milliarde Euro läuft noch bis zum 15. Oktober 2023. Sollten die Anträge aus Niedersachsen nicht bedient werden, fließen die Mittel nach Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen und voraussichtlich auch nach Nordrhein-Westfalen, deren Anträge bereits deutlich überzeichnet sind. Dass die niedersächsische Landesregierung mit ihrem Vorgehen so faktisch Kommunen in anderen Bundesländern beim Breitbandausbau unterstützt und Mittel für Niedersachsen verfallen, ist nicht hinnehmbar.
  • Als Folge des Förderstopps des Landes ist bereits jetzt eine Verlagerung der Kapazitäten von Tiefbauunternehmen in andere Bundesländer erkennbar. Das verschärft die schwierige Lage zusätzlich.

4. Das Breitbandzentrum Niedersachsen-Bremen (BZNB) ist zu beauftragen, die Kommunen auch beim eigenwirtschaftlichen Glasfaserausbau zu beraten.

  • Das BZNB verfügt über Fachwissen und Kenntnis der vorhandenen Strukturen und ist damit ein Garant für Qualität, Planung und Wirtschaftlichkeit. Dies gilt auch für den eigenwirtschaftlichen Ausbau. Die Kooperation mit Telekommunikationsunternehmen beschleunigt den Ausbau mit privatem Kapital.
  • Um Parallel- und Überbauung zu vermeiden und einem denkbaren „Rosinenpicken“ einzelner Akteure vorzubeugen, soll das BZNB als neutraler Mittler vom Land beauftragt werden, Ausbauprojekte zu koordinieren und so zu einer bestmöglichen Nutzung der vorhandenen Ressourcen beizutragen. Dies gilt im Übrigen ebenso im Bereich des Mobilfunkausbaus.
  • Eine entsprechende Beauftragung ist eine sinnvolle Ergänzung. Dass sie bisher nicht erfolgt ist, zeigt, dass der Stopp der Landesförderung keinen strategischen Überlegungen, sondern allein einer hektischen falschen Prioritätensetzung geschuldet war.
  • Der privat finanzierte eigenwirtschaftliche Breitbandausbau hat Vorrang. Gleichzeitig wird aber deutlich, dass der Eigenausbau den Wegfall der Landesförderung nicht kompensieren kann, weil insbesondere wirtschaftlich nicht attraktive Regionen dadurch keine Anschlussperspektive erhalten.

Fazit: Es ist schnellstmöglich ein Signal von Landtag und Landesregierung erforderlich, dass die Landesförderung zum Breitbandausbau fortgesetzt wird. Sonst drohen der Verlust der für niedersächsische Gebiete eingeplanten Fördermittel des Bundes, massive Nachteile für ländliche und städtische Räume und insgesamt ein Vertrauensverlust bei den wirtschaftlichen Perspektiven der ländlichen Räume, der die bisherigen Erfolge Niedersachsens gefährdet.

Anhänge im PDF, siehe oben:
I. Grafik „Verfügbarkeit FTTB/FTTH nach Ausbau“, Quelle: BZNB
II. Grafik „Verfügbarkeit 1 GBit/s nach Ausbau“, Quelle: BZNB
III. Liste der Bündnispartner

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